Felix – Eine jüdische Odyssee
Am 02. April 2014 hat der Zeitzeuge Felix Rottberger seine Flucht vor den Nationalsozialisten geschildert. Der Titel des Vortrags lautete: »Felix – Eine jüdische Odyssee«. Organisiert wurde dieser Abend vom Kiwanis Club.
Besucht wurde der Vortrag von den Schülern der Klassen 9 und 10 sowie von interessierten Eltern, Verwandten und Bürgern Neuenburgs.
Vier Schüler der Klasse 9b (Robin Grether, Paul Richter, Jonathan Schrag und Antonia Tomamichel) haben einen Bericht zu dem von Felix Rottberger Geschilderten geschrieben.
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Der Jude Felix Rottberger wurde am 16. September 1936 in Berlin geboren, der Ausgangspunkt für eine unglaubliche Geschichte.
Begonnen hat die Odyssee der Familie bereits im Jahr 1935, als der Vater in „Schutzhaft“ genommen wurde, weil er sich über die Hitlerjugend, die sein Geschäft zerstört hatte, beschweren wollte. Daraufhin musste die Familie schleunigst das Land verlassen und floh 1936 nach Island, da für die dortige Einreise kein Visum verlangt wurde. 1938 floh seine Familie weiter nach Dänemark, wo sie eine Aufenthaltserlaubnis erhielten.
Als 1942 die Wannseekonferenz in Berlin stattfand, begann eine ungefähr einjährige Flucht.Denn es wurde beschlossen auch Juden außerhalb von Deutschland in den von den Nazis besetzten Ländern auszurotten.
Im Oktober 1943 wurde von den Dänen eine Rettungsaktion organisiert, in der 6500 Juden in das nahe Nachbarland Schweden geschleust wurden. Die Eltern von Felix Rottberger wollten diese Chance nutzen und mit ihren vier Kindern fliehen. Da die Kontaktperson die Fahrt mit Kindern zu heikel hielt, sollten die vier Kinder nachkommen. Das fand jedoch nie statt.
Also kamen die vier Kinder in ein Kinderheim. Dort mussten sie sich oft vor Durchsuchungen von Soldaten verstecken. Einmal entdeckte ein Soldat Rottbergers Schwester versteckt im Heu, da der Kinderhof eigentlich ein Bauernhof war. Der Soldat steckte sie zurück in ihr Versteck und sagte, so eine wie sie habe er in Hamburg auch, er verriet sie nicht. Mit den Worten Rottbergers: „… so eine Art Schlüsselerlebnis.“
Als 1945 der Krieg zu Ende war, hörten Rottbergers Eltern im Radio, dass Dänemark auch die letzten Besatzer verlassen hätten. Die Eltern fanden die Kinder und führten ihr gemeinsames Leben in Dänemark fort. In dieser Zeit bekam Felix Rottbergers Vater keine Unterstützung von den Dänen. Not macht bekanntlicherweise erfinderisch, also baute sich der Vater einen Lederwarenbetrieb auf. Neben dem Umstand, dass der Vater trotz der schrecklichen Erlebnisse den Wunsch hatte, in sein Heimatland zurückzukehren, spielten wirtschaftliche Gründe eine wichtige Rolle: Das Geschäft des Vaters war für einen dänischen Fabrikanten ein Dorn im Auge, weshalb dieser seine Beziehung zum Premierminister Dänemarks spielen ließ.
Weil sie aus klimatischen Gründen in die südlichste Stadt Deutschlands ziehen wollten, gingen die Rottbergers nach Konstanz. Dort wurden sie gar nicht gut empfangen und mussten sich in einem Wasserturm einquartieren. Mittlerweile hat sich die Familie um weitere drei Kinder vergrößert, sodass sie neun Personen waren. Als der Winter überstanden war, stellten die Konstanzer den Rottbergers eine Dreizimmerwohnung und später ein weiteres Zimmer, das als Schlafraum, diente zur Verfügung. Da ein Zimmer für den Lederwarenbetrieb benötigt wurde, war das Leben in den eigenen vier Wänden sehr beengt.
Felix Rottberger machte Karriere und lebte seit 1966 mit seiner Frau und seinen Kindern in Freiburg. Hier hatte ihm die Jüdische Gemeinde Südbaden eine Stelle als Gemeindediener und Verwalter von 29 jüdischen Friedhöfen angeboten. Diese Tätigkeit übte er bis zu seiner Pensionierung aus, wobei er auch noch heute Führungen anbietet. Zudem hält er an Schule Vorträge, wie beispielsweise am heutigen Tag an unserem Gymnasium.
Öfters wurde ihm die Frage gestellt: „Warum bist du nach Deutschland zurückgekehrt?“ Felix Rottberger antwortet darauf: „Dann wäre ja Hitlers Wunsch eines judenfreien Deutschland in Erfüllung gegangen.“
Danke für einen unvergesslichen Abend.